Der Verein Getränkekarton-Recycling Schweiz und swisscleantech haben zum zweiten Kaminfeuergespräch zum Thema Kreislaufwirtschaft eingeladen.
Mit dem neuen Gesetzesentwurf zum Umweltschutzgesetz steuert die UREK auf die Stärkung der Kreislaufwirtschaft hin. Das wollen auch alle am Gespräch Beteiligten, aber wie so oft steckt der Teufel im Detail: Was ist überhaupt gemeint, wenn wir von Kreislaufwirtschaft sprechen, und wie lässt sich die Erweiterte Produzentenverantwortung in die Praxis umsetzen?
Unter der souveränen Moderation von Katrin Muff haben über 60 Teilnehmende aus der Politik und Wirtschaft am 2. Dezember online zusammengefunden und die anstehenden Änderungen im Umweltschutzgesetz produktiv diskutiert. Im Kern steht die Frage, wie Branchenlösungen möglich werden.
Nancy Bocken, Professorin am Maastricht Sustainability Institute, lieferte mit ihrem Eröffnungsreferat inspirierende Fallbeispiele. Eines davon war British Sugar, welche dank geschickter Nutzung von Abwärme und prozessbedingt anfallendem CO2 die grösste Tomatenfarm Englands betreibt – ein äusserst origineller Ansatz, wie eine entwickelte Gesellschaft kreativ mit ihren Ressourcen umgehen kann. Simone Alabor vom Verein Getränkekarton-Recycling Schweiz und PRISMA führte mit ihrem Lösungsvorschlag zurück in die Schweiz. Sie zeigte auf, warum es für die Verpackungsproduzenten eine Branchenlösung braucht, die analog zum PET-Recycling vorgezogen finanziert und national geregelt ist. Nicht weniger konkret war der Impuls von Franziska Barmettler, Leiterin Nachhaltigkeit IKEA Schweiz, die eine Modell-Anlage zur Matratzenverwertung in Holland präsentierte, welche mit einer Jahreskapazität von 1 Million Einheiten alle in der Schweiz weggeworfenen Matratzen aufbereiten könnte. Eva Bucherer, Leiterin der Initiative Make Furniture Circular, zeigte den aktuellen Stand der Schweizer Möbelbranche bezüglich Kreislaufwirtschaft und EPV auf. Die Matratzenallianz ist hier ein erster Zusammenschluss von Herstellern mit dem Ziel, ein Matratzenrecycling in der Schweiz zu etablieren. Daneben hob sie die Innovationspotentiale einzelner Vorreiter, zB. im Bereich Mietmodelle und Upcycling, hervor.
In der anschliessenden Paneldiskussion unter Beteiligung von Nationalrätin Anna Giacometti (FDP, GR), Dr. Karine Siegwart (Vizedirektorin BAFU), Rebecca Knoth-Letsch (Verantwortliche Umweltpolitik economiesuisse) und unserem Präsidenten Dr. Josef Meyer wurden die drängendsten Fragen diskutiert: Hat die Industrie mit dem neuen Umweltgesetz genug Anreize, etwas zu tun? Was ist die Perspektive der Politik dazu und wie sehen das die anwesenden Vertreter*innen der Verpackungs- und Möbelbranche?
Im Verlauf der Diskussion wurde schnell klar, dass der Druck hinsichtlich einer Schliessung der Stoffkreisläufe steigt. Die Branche will sich zur Kreislaufwirtschaft verpflichten, braucht ihrerseits aber Sicherheiten für die getätigten Investitionen und Regularien zur Verhinderung von Trittbrettfahrern. Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde ausserdem klar, dass sich weniger die Frage stellt, wem die Materialien gehören, sondern wer die Fähigkeit dazu mitbringt, im Design schon die Kreislaufwirtschaft berücksichtigen zu können. Wenn Unternehmen die Materialzusammensetzung ihrer Produkte von allem Anfang entsprechend gestalten, werden sie anschliessend auch in der Lage sein, das Produkt nach Ablauf seines Lebenszyklus zu verwerten. Ein weiterer entscheidender Diskussionspunkt war die Eco Modulation. Bei diesem Konzept geht es darum, dass besonders umwelt- und ressourcenschonende sowie besonders kreislauffähige Produkte wo immer möglich bevorteilt behandelt werden, beispielsweise bei der Berechnung von Entsorgungsgebühren und den entsprechenden Ausgleichszahlungen. Dies bietet den am System beteiligten Unternehmen einen Anreiz, ihre Produkte und Prozesse im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu optimieren. Zusätzlich stützen könnte man diese Entwicklung durch klare Zielvorgaben seitens des Gesetzgebers, die Förderung innovativer Umwelttechnologien sowie die konsequente Sanktionierung von Unternehmen, die als Trittbrettfahrer lediglich von den Vorzügen einer Branchenlösung profitieren oder diese gar mit eigenen Sammelsystemen kannibalisieren. Ein derartiges Systemversagen ist heute in gewissen Branchen der Tatsache geschuldet, dass Wegwerfen oder Verbrennen noch günstiger ist als die Wiederverwertung. Umso mehr wäre es mit Blick auf das neue Gesetz wünschenswert, dass bei der Berechnung der Entsorgungskosten künftig stets die Vollkosten entlang des gesamten Produktezyklus berücksichtigt werden. Das Fazit von Katrin Muff: Es gibt schon einige hoffnungsvoll stimmende Ansätze, aber immer noch sehr viel zu tun auf allen Ebenen. Packen wir’s an!
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